Nach der Zeit sehen? Nicht nötig!

Meine zwei Mitbewohnerinnen hatten eine ziemlich originelle Idee für mein Geburtstagsgeschenk. Zur Feier des Tages eröffneten sie mir: „Wir färben dir die Haare, Alles Gute!“ Vielen Dank auch, dachte ich mir. Ja, ich hatte über meine Haarfarbe gemeckert und ja, ich wollte eine Veränderung. Aber doch nicht von meinen Mitbewohnerinnen, die absolut keine Erfahrung im Haarefärben hatten. Zudem bin ich auf diesem Planeten der wohl eitelste Mensch – wenn es um die Haare geht.

Nach vielen eher halbherzigen Versuchen, die Sache abzublasen (immerhin wollte ich nicht unhöflich sein und die beiden vor den Kopf stoßen), gab es kein Zurück mehr. Die beiden schleiften mich euphorisch in die nächste Drogerie und diskutierten hitzköpfig über die Farbe meines neuen Deckhaares. „Ihre Haare sind so mausgrau – sie braucht etwas mit Pepp. Rot zum Beispiel!“ Da schaltete ich mich doch ein, irgendwann ist aber auch Schluss, dachte ich mir. „Mädels ich weiß ihr meint es gut... aber rot werden meine Haare nicht.“ Nach einem kurzen verdutzten Blick entflammten die Diskussionen erneut und nach einer gefühlten Stunde machten wir uns auf den Heimweg. Honigblond – dass sollte ich nun also werden. So ganz wohl war mir bei der Sache nicht, aber ich beschloss, es positiv zu sehen. Ich war jung und wann sonst sollte ich mich an so etwas wagen?

In unserem Bad, das eindeutig zu eng für drei Personen gleichzeitig war, drapierten sie mich auf einem kleinen Hocker und fingen an, an mir herum zu werkeln. Nach einer Viertelstunde fiel es mir plötzlich wie Schuppen von den Augen: „Verdammt! Die Zeit! Wir haben, als wir angefangen haben, nicht auf die Uhr gesehen!“ Als Antwort erhielt ich nur die Anweisung, mich zu entspannen, sie wüssten schon, was sie tun. Die nächste Dreiviertelstunde war der reinste Horror für mich. Mein Blick galt einzig und allein der Uhr. Die wildesten Fantasien schossen mir durch den Kopf. Würden die Haare grün werden? Oder gar ausfallen, wenn ich sie das nächste Mal kämme? Um es vorwegzunehmen, meine Sorgen waren unbegründet. Die Farbe Honigblond konnte man in etwa mit meiner Haarfarbe vergleichen und ich bekam sogar Komplimente für die Farbe. Noch heute bin ich, beim gemeinsamen Zusammensitzen in der WG, die Lachnummer schlechthin.